Freitag, 18. Januar 2013

Eine Reise voller Umwege durch ein unbekanntes Deutschland



„Ich weiß gar nicht, warum jetzt die Aufregung. 
War doch die ganze Zeit klar, dass es so endet.“  
(Maik Klingenberg, „Tschick“)





(Probebühne)

Am Schlosstheater Celle wird es ab Februar eine zusätzliche Premiere auf der Turmbühne geben: Eine Gruppe des Jugendclubs wird Wolfgang Herrndorfs „Tschick“ aufführen. Vanessa Wilcke, Regieassistentin am Schlosstheater, entwickelt zusammen mit den Jugendlichen die Inszenierung. Die Proben gehen langsam in die Endphase. Wie es zur der Idee kam, das Jugendstück zu spielen und wie die Arbeit mit Jugendlichen am Theater ist, erzählt Vanessa Wilcke:

Stina Mateus: „Tschick“ wird momentan in vielen Theatern Deutschlands gespielt. Wer hatte die Idee das Stück auch am Schlosstheater aufzuführen?
Vanessa Wilcke: Anfang der Spielzeit schwebten viele Ideen im Raum. Die größte Entscheidung war, ob wir einer Adaption eines Klassikers oder ein modernes Jugendstück aufführen. Ich wollte die Jugendlichen thematisch auf einer Ebene abholen, die sich auch in ihrem Alltag widerspiegelt. Daraufhin habe ich mein Bücherregal durchforstet und dann stand die Entscheidung ziemlich schnell fest. 

Stina Mateus: Wie wurde die Idee von den Jugendlichen aufgenommen?
Vanessa Wilcke: Wir haben dem Jugendclub insgesamt drei Projekte vorgeschlagen zwischen denen sie wählen konnten. Dadurch hatte jeder die Chance sich einem Projekt anzuschließen, das ihn am meisten interessiert. 

Stina Mateus: Worum geht es in dem Stück?
Vanessa Wilcke: Maik Klingenberg ist 14 Jahre und kommt aus einem wohlhabenden, aber zerrütteten Elternhaus. In seiner Klasse ist er der Außenseiter. Zu Beginn der Sommerferien trifft er auf den neuen Mitschüler Tschick (Andrej Tschichatschow), einen eher wortkargen Deutschrussen. Durch das „Außenseitertum“ verbunden, machen sich die beiden Jungs auf eine Reise in die Walachei, auf der sie den unterschiedlichsten Charakteren begegnen und an ihre eigenen Grenzen gebracht werden. 
Tschick ist die Geschichte einer sommerlichen Deutschlandreise durch ein vertrautes und zugleich fremdes Land. Durch Orte mitten im Nirgendwo, bizarre Kraterlandschaften und fehlplatzierte Gebirgs­züge, bevölkert von seltsamen, aber häufig entwaffnend freundlichen Menschen. Eine Reise, durchzogen mit dem Gefühl von Freiheit und Abenteuer und gleichzeitig voller Wehmut, weil sie nicht ewig dauern kann.

Stina Mateus: Die Jugendlichen treffen sich in ihrer Freizeit, um im Theater zu proben. Mit wie vielen Leuten finden die Proben statt und was fordert dich dabei besonders heraus?
Vanessa Wilcke: Ich treffe mich seit Mitte November ein- bis zweimal die Woche mit insgesamt zehn Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren. Die größte Schwierigkeit ist es, terminlich alle zusammenzubringen. Die Jugendlichen haben meist bis in den Nachmittag hinein Schule und daneben Referate, Klassenarbeiten oder Hausaufgaben zu erledigen. Oft fahre ich in meiner Mittagspause schnell rüber in die CD-Kaserne und probe zwei Stunden, bevor ich wieder meinen Aufgaben als Regieassistentin nachkommen muss.

Stina Mateus: Wie läuft eine ‚normale‘ Probe beim Jugendclub ab?
Vanessa Wilcke: ‚Normal‘ ist schwierig zu definieren. Irgendein Drama gibt es immer. Eine Klassenarbeit, die in den Sand gesetzt wurde oder eine Mutter, mit der man sich gerade gestritten hat. Ich beschreibe einfach einmal die Probe letzten Sonntag, die war ziemlich exemplarisch: Probenbeginn war um 12 Uhr. 
Um 11:30 Uhr bekomme ich die erste SMS: "Meine Mama musste heute doch arbeiten und mein Papa ist gerade nicht da, ich komme auf jeden Fall. Aber eine halbe Stunde später :)" 
Um 12 Uhr sind dann also fast alle da. Lautstark läute ich den Probenanfang ein, erinnere noch einmal an das strickte Handyverbot auf der Bühne, Larsen Garner: "Vanessa, es tut mir super leid, aber ich habe mein Textbuch vergessen". 
Um 12:15 Uhr wissen endlich alle auf welcher Seite wir sind, welche Szene geprobt wird und jeder ist mit einem Textbuch versorgt. Wir sitzen dann jedes Mal circa zwei Stunden an einer Szene, probieren Sachen aus und versuchen zusammen zu verstehen, was in dieser Szene genau passiert. Wer auf der Bühne ist, spielt. Die anderen sind die kritischen Beobachter. Ich lege viel Wert darauf, dass die Jugendlichen lernen, sich gegenseitig auf einer sachlichen Ebene zu kritisieren ohne dabei persönlich zu werden.

Stina Mateus: Was sind deine Aufgaben bei dem Stück?
Vanessa Wilcke: Das ist relativ einfach zu beantworten. Ich mache alles.


(Die Hauptdarsteller: Larsen Garner und Denis Kauz)


Premiere feiert der Jugendclub mit Wolfgang Herrndorfs „Tschick“ am: 5. März 2013
Weitere Vorstellungen: 6. März, 12./13.März

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